Große Herausforderungen für den Weinbau

Michael Schmitt, Vorstandsvorsitzender der Genossenschaft, begrüßte die Ortsverbandsmitglieder und zahlreich erschienene Markelsheimerinnen und Markelsheimer. In seinem einleitenden Vortrag schilderte er teils existenzbedrohende Probleme für den Weinbau. „Der Klimawandel ist real“, stellte er fest, „wir spüren ihn schon lange“. Anfangs habe man davon profitiert, weil es nun möglich ist, hier internationale Rotweinsorten anzubauen, die früher nur in südlicheren Gegenden wuchsen. Seit 2011 sei der Klimawandel aber zum Problem für den Weinbau geworden. Die Reben trieben im Durchschnitt zwei bis drei Wochen früher aus und seien durch Spätfröste gefährdet. Das führe zu Ernteausfällen von bis zu 90 Prozent. „Trotz des Einnahmeausfalls bleibt die Arbeit aber gleich“, stellte Schmitt fest. Auch die Weinlese habe sich verschoben. In seiner Jugend sei damit Anfang Oktober begonnen worden. Inzwischen sei sie um diese Zeit bereits beendet.

Die Folgen des Klimawandels

Die Niederschlagsmenge habe sich durch den Klimawandel nicht verändert, jedoch ihre Verteilung. Im Winter falle mehr Niederschlag, im Sommer weniger. „In der Vegetationsperiode brauchen wir 300 mm“, berichtete Michael Schmitt. Weil die nicht mehr fallen habe es 2017 eine Machbarkeitsstudie für einen Speicher mit 70.000 m3 gegeben, mit dem man die Weinberge im Sommer mit Wasser versorgen könnte. Die starke Sonneneinstrahlung und die höheren Temperaturen führten bei den Reben zu Verbrennungen. Viel Sonne lasse den Zuckergehalt der Trauben und in Folge dessen auch den Alkoholgehalt der Weine steigen. Heute seien jedoch eher leichtere Weine gefragt. Eine Lösung dieses Problems könnte darin bestehen, Agri-Photovoltaikanlagen zu installieren, die einerseits Schatten spenden, vor Starkregen und Hagel schützen und andererseits klimafreundlichen Strom erzeugen. Der Nachteil sei, dass man den Wein dann nicht mehr maschinell ernten kann und die Arbeitskräfte für die Lese fehlen.

Weinbau passt sich an

Ausführlich ging Michael Schmitt auf die Anstrengungen der Weingärtnergenossenschaft ein, ökologischer zu wirtschaften. Von den 130.000 kWh Strom, den sie verbrauche, erzeuge sie zwei Drittel selbst. Die gesamte Beleuchtung wurde auf die stromsparende LED-Technik umgerüstet. Den Gasverbrauch für die Dampferzeugung habe man halbiert. In den Weinbergen baue man zum Beispiel mit Holzkohle oder Terra Preta Humus auf, so dass der Boden möglichst viel Wasser speichern kann und die Bodenerosion reduziert wird. „11.000 Hektar Wein in Baden-Württemberg sind 11.000 Hektar Biodiversität“, findet Schmitt. Auf Herbizide könne zwischen den Reihen verzichtet und mit Maschinen gearbeitet werden. „Ein Problem aber ist der Unterstockbereich“, so Schmitt. Den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln hätten die Weinbauern bereits stark reduziert, unter anderem durch den Anbau von pilzresistenten Rebsorten. „Es kommt nun darauf an, dass den Verbrauchern diese Sorten auch schmecken“. Mit großer Sorge verfolge die Genossenschaft Bestrebungen der Politik, Pflanzenschutzmittel in Schutzgebieten vollständig zu verbieten. Das wäre das Ende für den Weinbau in Markelsheim sowie eine Katastrophe für den Tourismus und die Gastronomie, denn „die hängen am Weinbau“. Von Kreisrat Rainer Moritz auf die Alternative Bioweinbau angesprochen gab Schmitt zu bedenken, dass auch dort Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden.

Preisdruck des Handels

Wirtschaftlich leiden die Produzenten unter der Marktmacht und dem großen Preisdruck des Handels. Ein Großteil des württembergischen Weins werde nur noch über vier Firmen vertrieben. Die Weingärtnergenossenschaft Markelsheim vermarktet ihre Produkte zu 30 Prozent selbst. Die Verbraucherinnen und Verbraucher könnten die örtlichen Weinbauern, die gleichzeitig auch Landschaftspflege betreiben, unterstützen indem sie regional einkaufen.

Belastend seien die Preissteigerungen in Folge des Kriegs in der Ukraine. Für die Flaschen sei der Preis innerhalb eines Jahres um 40 Prozent gestiegen. Eine große Vielfalt unterschiedlicher Modelle von Literflaschen mache ein Mehrwegsystem schwierig. Deshalb habe der Weinbauverband jetzt eine 0,75-Liter-Flasche entwickelt, die mehrwegfähig ist. Das habe auch Vorteile für den Klimaschutz, da 60 Prozent des CO2-Ausstoßes für den Wein auf die Flaschen entfalle.

Weinbauern brauchen Planungssicherheit

Einen Hektar Reben zu pflanzen koste 50.000 Euro. Das sei eine Investition für 40 bis 50 Jahre, berichtete Michael Schmitt. Um sich dafür zu entscheiden benötigten die Weinbauern Planungssicherheit. Ohne sie sei es schwierig, Betriebe an die nachfolgende Generation zu übergeben. Er würde es sehr bedauern, wenn seine Generation die letzte wäre, die hier Weinbau betreibt.

Michael Schmitt nimmt wahr, dass manche Bürgerinnen und Bürger ein falsches Bild von den Landwirten als große Umweltsünder hätten. Deshalb sei er froh darüber, dass der Ortsverband der Grünen das Gespräch gesucht habe, um sich zu informieren. Er wünscht sich von ihnen Unterstützung bei der Abwehr von existenzgefährdenden Regelungen der Politik.

In der anschließenden Diskussion wurden die Grünen-Mitglieder gefragt, wie sie sich die Landwirtschaft der Zukunft vorstellen. Die Vorstandsmitglieder Dr. Alexandra Kurfeß und Dr. Jonas Grzesiak sprachen sich dabei für eine bäuerliche Landwirtschaft und für eine regionale Versorgung aus. Die ultimativen Lösungsvorschläge für die vielfältigen Herausforderungen, vor denen der hiesige Weinbau steht, habe der Ortsverband der Grünen Bad Mergentheim zwar nicht, stellte der Vorsitzende Corvin Schmid fest. Die erhaltenen Informationen, für die er sich vor allem bei Michael Schmitt bedankte, seien für die Diskussion in der Partei jedoch sehr wertvoll gewesen.  

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