Mobil mit weniger Autos
Die beste Verkehr ist der, der gar nicht entsteht. Wir sind für die Stadt der kurzen Wege. Je näher die Wohnung am Arbeitsplatz liegt, umso kürzer ist der Arbeitsweg. Arbeiten im Home-Office kann Wege überflüssig machen. Videokonferenzen können Dienstreisen ersetzen.
Um die Klimaschutzziele zu erreichen muss sich darüber hinaus die Verkehrsmittelwahl verändern. Es müssen weniger Wege mit dem Auto und mehr zu Fuß, mit dem Fahrrad und mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt werden. Dafür muss auch die Verkehrsfläche neu aufgeteilt werden. Fuß-, Fahrrad- und öffentlicher Verkehr müssen mehr Platz bekommen, der motorisierte Individualverkehr weniger. Unterstützt werden kann das Umsteigen mit betrieblichem Mobilitätsmanagement, Jobtickets, Mitfahr-Apps und Mitfahrbänken.
Trotz aller Anstrengungen wird es in unserem dünn besiedelten ländlichen Raum jedoch nicht gelingen, ganz ohne Autos auszukommen. Es kommt darauf an, den verbliebenen motorisierten Individualverkehr so umweltfreundlich wie möglich abzuwickeln. Das soll mit Elektroautos geschehen, für die die erforderlichen Lademöglichkeiten geschaffen werden müssen.
Sorgen des Einzelhandels sind unbegründet
Die Einzelhandelsbetriebe in den Innenstädten stehen vor großen Herausforderungen. Sie müssen sich der Konkurrenz des Online-Handels und der Supermärkte am Stadtrand erwehren. Manche Einzelhändler:innen sehen ihre Existenz durch den Abbau von Parkplätzen in den Innenstädten bedroht und wehren sich heftig dagegen. Diese Befürchtung ist jedoch unbegründet. Das Gegenteil ist der Fall. Mehr Platz für Zu-Fuß-Gehende kommt dem Einzelhandel zugute. Denn Einkaufen in den Innenstädten funktioniert dann gut, wenn man entspannt durch autofreie Straßen bummeln kann, wenn es ein Erlebnis ist, verbunden mit einem Cafébesuch und Gesprächen mit anderen Menschen. Das kann der Online-Handel nicht bieten.
Nur nichts Neues
Weil defekte Abwasserkanäle ausgetauscht werden mussten, wurden im Jahr 2015/16 die Funken- und die Ochsengasse erneuert. Den neuen Straßenbelag im Bereich der Kanalgräben bezahlen die Bürger mit ihren Abwassergebühren statt mit ihren Steuern. Die Sanierungspläne hat CDU-Stadtrat Hanspeter Fernkorn entworfen. Sie waren wieder einmal vor allem autofreundlich und enttäuschten komplett. Durch das aufwändige Muschelkalkpflaster waren sie noch dazu unnötig teuer.
Zwar wurden die beiden Gassen als verkehrsberuhigte Zonen ausgewiesen, in denen alle Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt sind und die Fahrzeuge nur Schrittgeschwindigkeit fahren dürfen. Es bleibt aber bei der Aufteilung der Verkehrsfläche in zwei gepflasterte Gehbereiche ohne Bordsteine und einen Fahrstreifen für die Autos dazwischen. Es war unschwer zu prognostizieren, was passieren wird: Die Autofahrenden beanspruchen diesen Raum für sich. Wie man zuvor schon in der Mühlwehrstraße beobachten konnte, die ebenfalls als verkehrsberuhigte Zone ausgewiesen ist, hält sich ein Großteil der Kraftfahrer nicht an die Höchstgeschwindigkeit von 7 km/h. Und der Fußverkehr meidet den Fahrstreifen, obwohl er das nicht müsste, weil er zu Recht befürchtet, von den Autos gefährdet zu werden.
Wir Grüne hatten gefordert, bei beiden Straßen eine durchgehend asphaltierte Mischfläche für alle Verkehrsarten anzulegen und auf das teure Muschelkalkpflaster zu verzichten. Mit diesem Vorschlag sind wir leider im Gemeinderat gescheitert. In der Praxis zeigte sich nun, dass sich in den Pflasterfugen Zigarettenkippen sammeln, die vom Bauhof mühsam entfernt werden müssen.
Alles wie gehabt
Im Jahr 2019 wurde die Holzapfelgasse erneuert. Anlass dafür war die Sanierung der Kanalisation und die Verlegung von Fernwärmeleitungen. Ein modernes shared-space-Konzept wurde aber auch hier nicht verwirklicht.
Den Auftrag zur Planung der Sanierungsarbeiten in der Holzapfelgasse hat die Stadtverwaltung, wie schon bei den Straßen im Weberdorf, der Kapuzinerstraße, dem Deutschordensplatz, der Funken- und Ochsengasse, dem CDU-Stadtrat Hanspeter Fernkorn erteilt. Seine Pläne fielen dann auch genau so autofreundlich aus wie immer. Die Gehbereiche und die Parkplätze werden aufwändig gepflastert, der Fahrstreifen dazwischen asphaltiert. Die Trennung des Fahrstreifens vom Gehweg führt dazu, dass die Autofahrenden diese Fläche allein für sich beanspruchen und trotz verkehrsberuhigter Zone schneller als die erlaubten 7 km/h fahren. Nebenbei bemerkt, je höher die Baukosten, umso höher fällt auch das Honorar für den Planer aus. Wir Grüne sind erneut mit unserem Antrag gescheitert, eine durchgehend asphaltierte Mischfläche für alle Verkehrsarten zu schaffen, das sogenannte shared-space-Konzept. Das wäre nicht nur billiger gewesen, sondern hätte auch dazu geführt, dass alle Verkehrsarten die gesamte Verkehrsfläche nutzen.
In der Gemeinderatssitzung vom 23.11.2017 kam es dann aber besonders dick. Auf Antrag von Stadtrat Franz Imhof von den Freien Wählern wurde die Variante 1b beschlossen, die auf der Südseite auf eine Gehfläche verzichtet und stattdessen vier Parkplätze anlegt. Die Interessen der Autofahrenden wurden einmal mehr über die der Fußgänger*innen gestellt. Diese Variante hatte noch nicht einmal der autoorientierte Planer Fernkorn gewünscht. Dabei befindet sich in der Holzapfelgasse die Realschule St. Bernhard mit entsprechend viel Fußverkehr zur Schule.
Überflüssiger Kreisverkehr verteuert Bauplätze
Die Kreuzung Bismarckstraße/Löffelstelzer Steige wurde zum Kreisverkehr. Diese Geldverschwendung für einen völlig unnötigen Kreisverkehr beschloss der Gemeinderat am 28. September 2017 gegen die Stimmen der Grünen.
Ein Kreisverkehr an der Einmündung der Löffelstelzer Straße in die Bismarckstraße ist 266.000 Euro teurer und verbraucht 638 m2 mehr Fläche als eine Kreuzung. Die Straßenbehörde, die Polizei und die Stadtverwaltung halten ihn für unnötig und eine Kreuzung für völlig ausreichend. Dies alles hielt den Gemeinderat am 28.09.2017 aber nicht davon ab, den Kreisverkehr dennoch zu beschließen. Damit soll das Neubaugebiet "Hohe Äcker IV" erschlossen werden. Weil die Kosten des Kreisels größtenteils auf die Bauwilligen umgelegt werden, erhöhen sich deren Bauplatzpreise zwischen 11 und 19 Euro pro Quadratmeter. Die Stadt Bad Mergentheim soll 40.000 Euro dafür zahlen.
Wir Grüne hatten beantragt, wie von der Polizei, der Straßenbehörde und der Stadtverwaltung vorgeschlagen, statt des teuren Kreisverkehrs eine preiswerte und flächensparende Kreuzung zu bauen, sind damit aber unterlegen. Alle anderen Fraktionen beugten sich dem eher dem Zeitgeist als der Notwendigkeit entsprechenden Wunsch des Ortschaftsrats von Löffelstelzen nach einer "Lösung für die nächsten 50 bis 100 Jahre", wie Ortsvorsteher Egon Brand den Kreisverkehr begründete.
Dieses Beispiel zeigt erneut, dass die Lippenbekenntnisse des Gemeinderats zu sparen geheuchelt sind. Gespart wird nur bei Dingen, die nicht zur Ideologie der Mehrheit passen, z.B. beim Stadtbus, dem Ruftaxi, der Bücherei. Für die Klientel der CDU in den Ortsteilen und für den Autoverkehr ist man bereit, großzügig Geld auszugeben, auch wenn die Investition, wie in diesem Fall, völlig unnötig ist und keine Vorteile bringt. Im Gegenteil, Fußgänger*innen zwingt der Kreisverkehr zu Umwegen.