Die Mobilität der Zukunft
Die besondere Herausforderung beim Verkehr ist es laut Matthias Gastel, eine andere Mobilität zu entwickeln, die „die Menschen nicht krank und die Umwelt nicht kaputt macht“. Der Verkehrssektor sei beim Klimaschutz im Unterschied zu anderen Sektoren ein großes Sorgenkind, weil die CO2-Emissionen im Verkehr steigen statt zu sinken. Gesundheitsschädlich sei der Verkehr vor allem durch Feinstaubemissionen und durch Lärm.
Wahl der Verkehrsmittel ändern
Die Verkehrswende beruhe auf zwei Säulen, der technischen und der Verhaltensänderung. Allein mit Technologie könnten die angestrebten Klimaziele nicht erreicht werden. Zusätzlich zur Umstellung der Antriebe müsse die Verkehrsmittelwahl geändert werden. Große Hoffnungen setzt Gastel dabei in das Deutschlandticket, das im Mai dieses Jahres startet. Durch seine Einfachheit und seinen günstigen Preis biete es einen starken Anreiz auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen.
Im Bereich Bahn stellte Gastel große Übereinstimmungen innerhalb der Ampel-Regierung fest. Den Personenverkehr wolle man verdoppeln, beim Güterverkehr den Anteil von 19% auf 25% zugunsten der Bahn steigern. Das Straßenverkehrsrecht soll Kommunen mehr Spielräume verschaffen, um zum Beispiel Tempo 30 einzuführen. Sehr viele Kommunen hätten bereits einen Aufruf unterschrieben in welchem sie sich dafür einsetzen, selbst darüber zu entscheiden, wo wie schnell gefahren werden darf. Er finde anmaßend, wenn das von Berlin bestimmt werde. Die Kommunen könnten das viel besser beurteilen.
Die Automobilhersteller hätten sich längst für den Elektroantrieb entschieden, weil sie nicht zwei Technologien parallel zueinander entwickeln wollen. Die im Koalitionsausschuss beschlossenen, vorrangig auszubauenden 144 Autobahnabschnitte „stehen schon seit 8 Jahren im Bundesverkehrswegeplan“, so Gastel. In Wirklichkeit seien es sehr viel weniger, da es sich häufig um einzelne Abschnitte handle, die hintereinander liegen. Der Bundestagsabgeordnete geht davon aus, dass eigentlich nur 34 Autobahnabschnitte betroffen sind. Bei der Schiene habe man sich hingegen darauf verständigt, alle Projekte beschleunigt auszubauen.
Klimaschädliche Subventionen abbauen
Uneinigkeit zwischen den Ampel-Parteien bestehe hinsichtlich der umweltschädlichen Subventionen wie dem Dienstwagenprivileg. Es bilde einen finanziellen Fehlanreiz für große und schwere Autos. Firmen könnten ihren Mitarbeitenden alternativ auch eine Bahncard 100 zur Verfügung stellen. Insgesamt flössen mehr Investitionen in die Schienen- statt in die Straßenverkehrsinfrastruktur.
Die Investitionen in die Schiene seien bisher nicht sehr zielgerichtet erfolgt. Sie seien auf politischen Wunsch, auf Zuruf oder wo der Widerstand am geringsten war durchgeführt worden. „Wir ändern das“, versprach Gastel. Infrastrukturinvestitionen müssen am Integralen Taktfahrplan ausgerichtet werden, wie das die Schweiz schon seit Jahrzehnten mache. Ziel dabei sei, dass die Anschlüsse passen. Als Beispiel für eine Fehlplanung führte er die Hochgeschwindigkeitsstrecke München-Berlin an. Wer zum Beispiel aus Baden-Württemberg in Nürnberg zusteigen wolle, der habe dort 50 Minuten Aufenthalt. „Trotz Hochgeschwindigkeit sind nicht alle Reisenden schneller am Ziel, weil man Zeit auf dem Bahnhof verliert.“ Das Ziel der neuen Bahnpolitik sei es, allen Fahrgästen etwas Gutes zu tun, nicht nur denen, die an den Bahnhöfen der Hochgeschwindigkeitsstrecke wohnen.
Güterverkehr auf die Schiene verlagern
Beim Güterverkehr wolle die Ampel die digitale automatische Kupplung einführen. Das sei eine sehr große Investition. Anschließend könnten Güterzüge aber sehr viel schneller zusammengestellt werden als mit dem herkömmlichen manuellen, personalintensiven Kuppeln. Das komme insbesondere dem Einzelwagenverkehr entgegen. Andernfalls bestehe die Gefahr, dass ganze Branchen für den Güterverkehr verloren gehen. Für Betriebe gebe es eine finanzielle Förderung von Gleisanschlüssen. Er freue sich über die zunehmende Zahl von Förderanträgen. Bei neuen Gewerbegebieten müsse nun zwingend geprüft werden, ob eine Gleisanbindung möglich ist. Nötig seien auch mehr und besser ausgestattete Container-Terminals, damit die Container nicht mehrere hunderte Kilometer auf der Straße befördert werden müssen, bevor man sie auf die Schiene bringen kann.
Den integrierten Konzern Deutsche Bahn will die Regierung erhalten, jedoch die beiden Aktiengesellschaften DB Netz und DB Station & Service zu einer Infrastrukturgesellschaft verschmelzen, „weil sie schlecht miteinander kooperiert haben“, kritisierte Matthias Gastel. Diese neue Gesellschaft solle sich am Gemeinwohl ausrichten und keine Gewinnerzielungspflicht mehr haben.
„Ich bin wahrscheinlich der einzige in unserer 128 Abgeordnete umfassenden Fraktion“, so Gastel, „der auf Grund der Beschlüsse zur Bahnpolitik mit den Ergebnissen des Koalitionsausschusses zufrieden ist.“ Er begründete dies mit dem CO2-Aufschlag auf die LKW-Maut. 80% der dadurch erzielten Mehreinnahmen, rund 5 Mrd. € pro Jahr, fließen in die Schieneninfrastruktur. Bisher seien dafür pro Jahr nur 2 Mrd. € ausgegeben worden. Bis 2027 würden insgesamt 45 Mrd. für die Schiene aufgewendet.
Viel Fördergeld für Baden-Württemberg
Um den Bahnausbau zu beschleunigen solle er zum überragenden öffentlichen Interesse erklärt werden. Damit habe er einen rechtlich höheren Stellenwert und Priorität gegenüber anderen Rechtsgütern bekommen. Die letztes Jahr eingerichtete Beschleunigungskommission Schiene habe 70 Maßnahmen vorgeschlagen wie z.B. Blockabstände zu verkürzen, womit Bestandsstrecken stabiler werden. Den Anteil elektrifizierter Schienenstrecken in Deutschland wolle man von 62% auf 75% erhöhen. Es stehe sehr viel Geld auch für die Reaktivierung stillgelegter Bahnstrecken zur Verfügung. Besonders viel davon fließe nach Baden-Württemberg, weil man hier mit der Planung in Vorleistung gegangen sei. Alle bisher durchgeführten Reaktivierungen seien sehr viel erfolgreicher gewesen als zunächst angenommen.
Matthias Gastel schloss seine Ausführungen mit einem positiven Ausblick auf die Verkehrswende. „Sie führt dazu, dass die Lebensqualität in den Städten steigt. Die Menschen erleben ihr Umwelt als lebenswerter.“