Gemeinderat pfeift auf den Klimaschutz

Die Entscheidung des Gemeinderats vom 22. Juni, ein neues Parkraumkonzept zu beauftragen, basiert auf mehreren Mythen:

Mythos 1: Die Bad Mergentheimer Innenstadt ist nicht erreichbar

Das behaupten sowohl Vertreter des Einzelhandels, als auch meinungsstarke Kommunalpolitiker:innen. Sie beziehen das nicht etwa auf den Fuß-, Fahrrad- und öffentlichen Verkehr. Das könnten wir verstehen. Nein, sie meinen, dass man Mergentheim mit dem Auto nicht erreichen kann. Richtig ist, dass man mit dem Auto an fast jede Stelle der historischen Altstadt von Bad Mergentheim kommt. Aber auch nur ganz wenige Meter Fußweg werden bereits als unzumutbar dargestellt und Alternativen zum Auto erst gar nicht in Erwägung gezogen. Das Denken mancher Leute ist anscheinend so sehr von der Autonutzung geprägt und beeinflusst, dass sie sich andere Möglichkeiten gar nicht mehr vorstellen können. "Das funktioniert nicht" ist die lapidare Begründung dafür. Dabei sind viele Wege bei uns so kurz, dass sie sehr gut zu Fuß, mit dem Rad oder mit dem Stadtbus zurückgelegt werden können. Aber natürlich müsste man dafür diese Verkehrsarten fördern und attraktiv machen.

Mythos 2: Es fehlen Parkplätze

Einen Mangel an öffentlichen Parkplätzen gibt es in Bad Mergentheim nicht. Das hat der Verkehrsgutachter Jochen Richard 2020 in seinem Verkehrskonzept Innenstadt nachgewiesen. Demnach waren die insgesamt 1.205 öffentlichen Parkplätze maximal zu 73% ausgelastet (Seite 73). Die subjektive und nicht mit Fakten belegte Meinung, dass zu wenige Parkplätze vorhanden sind, wird dennoch - vor allem aus Kreisen des Einzelhandels - ständig wiederholt. Am Ende glauben das die Kunden noch und bleiben weg. Mit ihrer Behauptung, für ihre Kunden seien zu wenige Parkplätze da, schafft es die Citygemeinschaft aber offenbar, den Gemeinderat in ihrem Sinne zu beeinflussen. Wider jede Rationalität wird nun ein neues Parkraumkonzept erarbeitet.

Erinnern wir uns: In den 90er Jahren waren es dieselben Klagen der Citygemeinschaft, die dazu führten, dass die Stadt die Tiefgarage unter dem Oberen Graben gebaut hat. Das brachte ihr jährliche Verluste von mehreren hundertausend Euro ein. Voll wurde diese Tiefgarage jedoch so gut wie nie. Aus der Not heraus vermietet die Stadt viele Plätze an Dauerparker, um das Defizit wenigstens zu begrenzen. Auch als im Dezember 2022 wegen eines Brandes eine Ebene in der Tiefgarage Altstadt Schloss gesperrt werden musste, waren nur an Markttagen alle Plätze belegt. Und dennoch hören die Forderungen nach weiteren Parkplätzen nicht auf. Ganz selbstverständlich wird erwartet, dass die Stadt Bad Mergentheim weitere Parkplätze schafft. Woher das Geld dafür kommen soll wird nicht gesagt.

Mythos 3: Der Parkplatzmangel ist schuld an den Leerständen in der Innenstadt

Dass der Einzelhandel in der Innenstadt Probleme hat steht außer Frage. Die haben jedoch viele Ursachen. An erster Stelle steht die mächtige Konkurrenz durch den Online-Handel. Hinzu kommen gestiegene Kosten durch hohe Energiepreise, der Fachkräftemangel und die Kaufzurückhaltung der Kunden wegen der Inflation. Inhabergeführte Geschäfte haben zudem häufig Schwierigkeiten Nachfolger zu finden. Noch so viele Parkplätze können diese Probleme nicht beseitigen. Was aber hilft ist, die Aufenthaltsqualität in der Stadt zu erhöhen. Veranstaltungen, Außengastronomie und Begegnungsmöglichkeiten machen die Innenstadt attraktiv.

Für klimaschonende Mobilität

Die autofreundlichen Verkehrsplanungen der Stadt Bad Mergentheim führen dazu, dass die 2015 in Paris vereinbarten Klimaschutzziele unerreichbar bleiben. Dass ihm der Klimaschutz gleichgültig ist machte Freie Wähler-Stadtrat Stefan Dietz deutlich indem er die rhetorische Frage stellte, was ein intaktes Klima nützt, wenn die Innenstadt tot ist. Mobilität und Klimaschutz sind aber keine Gegensätze, sondern lassen sich miteinander vereinbaren. Mobil sein kann man mit weniger Autoverkehr. 2021 hatten wir beantragt, einen Klimamobilitätsplan zu entwickeln und umzusetzen, wie er von der EU empfohlen und vom Land Baden-Württemberg finanziell gefördert wird. Diesem Vorschlag sind Stadtverwaltung und Gemeinderat aber leider nicht gefolgt.

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