Grüne kritisieren Haushaltsplan 2020

Haushaltsrede

Haushaltsplan 2020 der Stadt Bad Mergentheim

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Mitarbeitende der Stadtverwaltung,
liebe Kolleginnen und Kollegen Stadt- und Ortschaftsräte,
werte Zuhörerschaft,

die Reihenfolge der Haushaltsreden richtet sich nach der Fraktionsstärke. 25 Jahre lang durften wir Grüne unsere Haushaltsreden nur als vierte und letzte halten. Vor 10 Jahren sind wir auf Platz drei vorgerückt. Jetzt sind wir die zweiten, die auf den OB antworten dürfen. Wenn die Entwicklung so weiter geht…. Sollten uns alle anderen Fraktionen auch zukünftig die Themen Nachhaltigkeit, Ökologie, Klimaschutz, Energie- und Verkehrswende als Alleinstellungsmerkmal überlassen, bin ich sehr zuversichtlich. Für diese Großzügigkeit danke ich den anderen Fraktionen schon einmal ganz herzlich.

Rückblick auf 2019

Lassen Sie mich zunächst kurz auf das Haushaltsjahr 2019 zurück blicken. Es war ein großes Glück, dass es finanziell betrachtet sehr viel besser verlief als wir vor einem Jahr annahmen. Die anhaltend gute Konjunktur hat uns höhere Einnahmen beschert als erwartet. Projekte haben sich verzögert, so dass das eingeplante Geld nicht vollständig ausgegeben wurde. So konnte die Kämmerei eine Rücklage über insgesamt 13,2 Millionen Euro bilden, die wir für die anstehenden Investitionen aber auch dringend benötigen.

Prognosen sind schwierig, wenn sie sich auf die Zukunft beziehen. Leider gibt es aber Grund zur Annahme, dass sich die Konjunktur abschwächen wird. Wir müssen mit weniger Steuereinnahmen rechnen. Insbesondere die Automobilwirtschaft, ein wesentlicher Wirtschaftszweig in Baden-Württemberg, hat erhebliche Probleme. Zu lange haben die Firmen unsere Warnungen ignoriert und auf nicht zukunftsfähige Antriebe gesetzt. Nun müssen sie ihre Versäumnisse schnellstmöglich aufarbeiten. Das kostet viel Geld und leider auch Arbeitsplätze. Lassen Sie uns, liebe Verwaltung und lieber Gemeinderat, diese bitteren Erfahrungen der Industrie eine Warnung sein. Wenn wir fortfahren wie bisher und die Zeichen der Zeit ignorieren, kommt auch für uns schon bald ein böses Erwachen.

Haushalt 2020

Ein Haushaltsplan ist mit der Zutatenliste auf einer Lebensmittelverpackung vergleichbar. In ihr steht, was in welcher Menge drin ist. Die schönen Bilder und Werbesprüche auf der Verpackung können täuschen, die Zutatenliste nicht. Die interessengeleiteten und schöngefärbten Reden von Kommunalpolitikern können verschleiern, was der Stadt wirklich wichtig ist, der Haushaltsplan nicht. Machen wir den Faktencheck.

Zwei trockene Sommer in Folge, Waldschäden durch Trockenheit und Borkenkäfer, Fridays for Future-Demonstrationen, Klimapaket – oder besser -päckchen – der Bundesregierung, Green Deal der neuen EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen, Klimakonferenz in Madrid, man sollte meinen, dass diese Ereignisse auch an der Stadt Bad Mergentheim nicht spurlos vorübergingen. Leider weit gefehlt. Andere Städte rufen den Klimanotstand aus, unsere aber ignoriert die Umweltprobleme und macht weiter, als wäre nichts gewesen. Wie das Festhalten der Autoindustrie an ihren SUVs versucht sie, die Probleme auszusitzen statt zu lösen. Auf ihrer Homepage wirbt die Stadt damit, ein nachhaltiges Reiseziel zu sein. Das ist so glaubwürdig wie das Bild von den glücklichen Kühen auf der Milchtüte. Die Stadtpolitik hat mit Nachhaltigkeit so viel zu tun wie die Fruchtzwerge mit Frucht. „How dare you“ sagt Greta Thunberg dazu. Dem Gemeinderat kann ich nur zurufen, bitte aufwachen. Es ist fünf vor Zwölf und höchste Zeit zu handeln.

Der Haushaltsplanentwurf 2020 war wieder einmal eine Enttäuschung für uns. Der OB hat ein Klimaschutzkonzept im FN-Interview zwar vehement gefordert, es im Gemeinderat aber abgelehnt. Im Haushaltsplanentwurf war kein Geld dafür vorgesehen. Wir sind erleichtert, dass unser Änderungsantrag mit einer Stimme Mehrheit angenommen wurde, 20.000 € dafür einzusetzen. Genauso knapp war die Zustimmung zu unserem Antrag, zusätzlich 50.000 € für die Sanierung maroder Heizungsanlagen vorzusehen. Das ist ein kleiner Anfang. Vielen Dank liebe Kolleginnen und Kollegen für die Zustimmung.

Beim Klimaschutz genügt es eben nicht, sich auf den Verdiensten des Stadtwerks Tauberfranken auszuruhen. Das Naturwärme-Kraftwerk ist tatsächlich ein ökologisches Vorzeigeprojekt. Gleichzeitig sabotiert die Verwaltung aber weitere Klimaschutzprojekte des Stadtwerks, indem sie es in mehr als 7 Jahren noch immer nicht geschafft hat, eine Konzentrationszone für Windkraftanlagen auszuweisen. Dabei sind alle notwendigen Beschlüsse längst gefasst. Es müsste lediglich noch eine Sitzung des Gemeinsamen Ausschusses einberufen werden, um den Weg für einen kleinen Windpark westlich von Dainbach frei zu machen. Die Baugebietsplanungen und die Bewerbung um die Landesgartenschau haben anscheinend so viel Personalkapazität gebunden, dass für die Windkraft nichts mehr übrig blieb.

In der Bewerbungsmappe für die Landesgartenschau ist viel von einem Klimakonzept die Rede. Dabei handelt es sich aber leider nicht um ein Klimaschutzkonzept, sondern nur um ein Klimaanpassungskonzept. Das ist nicht falsch. Das brauchen wir ebenfalls. Wir sollten aber nicht nur das Symptom Temperaturanstieg bekämpfen, sondern unbedingt auch die Ursachen für die Klimaänderung angehen und die Treibhausgase reduzieren.

Statt Klimaschutz macht man in Bad Mergentheim lieber Prestigeprojekte. Ein nutzloser autonomer Kleinbus soll mit 180.000 Euro bezuschusst werden. Im Schneckentempo soll der zwischen Bahnhof und Schloss pendeln und 6 bis 11 Personen befördern. Den Bürger*innen beschert das bestenfalls ein rollendes Verkehrshindernis. Was sie wirklich brauchen ist ein Ausbau des ÖPNV. 2017 hat man aber den dritten Stadtbus und das Ruftaxi mit dem Argument abgeschafft, das sei zu teuer. Da wundert uns schon, dass die Verwaltung für den autonomen Busverkehr in den nächsten drei Jahren 500.000 € übrig hat, nur um sich ein fortschrittliches Image zu verpassen.

Helmut Dedy, der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, stellte kürzlich im SWR-Interview fest, dass autofokussierte Städte nicht die Zukunft sind. Er fordert die Neuaufteilung der Verkehrsflächen, mehr ÖPNV, mehr Radwege und höhere Parkgebühren. Bei uns setzt man aber unverändert auf die Nutzung privater PKW. Kein Wunder, dass in Bad Mergentheim mit 615 PKW pro 1.000 Einwohner eine besonders hohe PKW-Dichte besteht. Vor 10 Jahren waren es mit 546 PKW pro 1.000 Einwohner noch deutlich weniger. Diese Zunahme des PKW-Bestands um 13 Prozent ist kein Naturgesetz, sondern Folge einer Politik, die die Stadt immer autofreundlicher gemacht und die anderen Verkehrsarten vernachlässigt hat. Jüngste Negativbeispiele dafür sind die Sanierung der Holzapfelgasse, wo Parkplätze geschaffen wurden, statt Platz zu machen für den Fuß- und Radverkehr und die Markierung von Parkplätzen statt Radfahrspuren in der Schillerstraße. Indem man den Menschen ein gutes ÖPNV-Angebot und eine gute Radinfrastruktur vorenthält, zwingt man sie zum Autofahren.

Der Haushaltsplan 2020 setzt diese verfehlte Politik leider fort. Die einzige, ursprünglich vorgesehene Verbesserung im Busverkehr, ein barrierefreier Umbau der Haltestelle auf dem Ehrler-Platz, wurde auf CDU-Antrag hin aus dem Haushaltsplan gestrichen. Dabei schreibt das Personenbeförderungsgesetz in § 8 Abs. 3 vor, dass bis zum 1.1.2022 alle Haltestellen barrierefrei umzubauen sind. Das von uns beantragte neue Mobilitätskonzept, mit dem die Verkehrswende eingeleitet werden sollte, fand keine Mehrheit.

Die Autofahrer*innen dürfen in den städtischen Parkhäusern weiter eine Stunde gratis parken. Auch so fördert man das Autofahren – und beschwert sich anschließend über die Folgen. Der Lärmaktionsplan bekämpft bestenfalls die Symptome, nicht die Ursachen des Verkehrslärms. Unsere Anträge, dem Verursacherprinzip entsprechend auch für das Nutzen der Parkhäuser und Sporthallen eine Gebühr zu verlangen, wurden erneut abgelehnt. Dabei wäre die Hallenbenutzungsgebühr schon allein zur Belegungssteuerung sinnvoll. Von den Nutzern der Stadtbücherei und der Jugendmusikschule werden zurecht Gebühren verlangt. Wir empfinden es daher als ungerecht, sie an den Kosten zu beteiligen, die sie verursachen, Autofahrende und Sportler aber nicht.

Sehr gespannt sind wir jetzt auf die Vorschläge der Verwaltung zur Umgestaltung des Gänsmarkts. Das ist die Chance, für eine ganz kleine Verkehrswende in Mergentheim. Wir setzen uns dafür ein, dass dort ein Platz mit hoher Aufenthaltsqualität und Kinderspielmöglichkeiten entsteht, den wir dem Autoverkehr abringen wollen. In diesem Zug sollte endlich auch die lange überfällige attraktive niveaufreie Fußverbindung vom Activ-Center über die Bahnlinie bis in die Innenstadt geschaffen werden, um den erhofften Synergie-Effekt für den Einzelhandel in der Innenstadt zu erreichen.

Spät, zum Glück aber noch nicht zu spät, kam die Einsicht bei der Verwaltung und den anderen Fraktionen, dass es unverantwortlich wäre, einen Kunstrasenplatz anzulegen. Das darauf ausgebrachte Kunststoffgranulat ist eine riesige Quelle für Mikroplastik. Gleichwertige umweltverträgliche Alternativen gibt es derzeit nicht. Noch vor drei Monaten haben sich alle anderen Fraktionen über unsere Warnungen hinweg gesetzt und den beschönigend „allwettertaugliches Großspielfeld“ getauften Kunstrasen beschlossen. In der Haushaltsberatung wurden die Mittel dafür nun gestrichen. Gut so. Stattdessen aber 100.000 € für Beregnungsanlagen auszugeben erscheint uns zu viel. Das geht günstiger.

Wohnen

Weiter wie bisher heißt es auch bei der Siedlungsentwicklung. In der Kernstadt, in Althausen, Dainbach, Neunkirchen, Markelsheim, Löffelstelzen und Rot werden neue Baugebiete erschlossen, fast durchweg Einfamilienhäuser, teils weit über den nachgewiesenen Bedarf hinaus. Die sind überwiegend schlecht an den ÖPNV angeschlossen. Eine Nahversorgung fehlt in der Regel. Die Folge davon ist die weitere Zunahme des motorisierten Individualverkehrs. Es wird viel zu verschwenderisch mit landwirtschaftlich genutzten Flächen umgegangen. Die vorgeschriebene Dichte von 60 Einwohner pro Hektar wird weit unterschritten. Die Erschließungsmaßnahmen führen zu einer Kreditaufnahme im Eigenbetrieb Abwasser von 11,7 Mio. €. Bis 2023 müssen dort sage und schreibe 27,8 Mio. € aufgenommen werden. Die Folgekosten für die Unterhaltung der gesamten Infrastruktur muss danach die Allgemeinheit tragen. Nebenbei überlastet man mit diesen vielen Neubaugebieten sowohl das städtische Bauamt, als auch die Baufirmen.

Mit unseren Haushaltsanträgen wollten wir einen Kurswechsel erreichen. Statt neuer Baugebiete setzen wir auf die Innenentwicklung. Wir sind dafür, bestehende Baugebiete nachzuverdichten und Gebäude aufzustocken, um den nötigen Wohnraum zu schaffen. Nutzen wir bereits erschlossene Grundstücke für den Wohnungsbau, statt neue auszuweisen. Kaufen wir Brachen an, machen sie frei und verkaufen sie an Bauinteressenten. Das verhindert zudem die Verödung der Ortskerne. Wir wollen auch nicht länger hinnehmen, dass wir ständig neue Baugebiete schaffen, obwohl es etliche erschlossene Bauplätze in unserer Stadt gibt, die seit vielen Jahren oder gar Jahrzehnten nicht bebaut wurden. Es ist an der Zeit, dafür ein Baugebot nach § 176 BauGB zu erlassen. Auf neue Flächen für den Wohnungsbau können wir wegen der Zuwanderung dennoch wohl nicht ganz verzichten. Wenn wir Neubaugebiete ausweisen, dann müssen die jedoch flächensparender und nachhaltiger geplant werden als bisher. Wir wollen eine verdichtete Bauweise mit mindestens 60 Einwohner pro Hektar. Wir fordern die Festsetzung eines Gebäudeenergiestandards, das Verbot von Steingärten, die Nutzung erneuerbarer Energien und weniger Parkplätze für private PKW.

Um das Defizit an bezahlbarem Wohnraum zu verringern haben wir die Mittel für die Gründung einer städtischen Wohnbau- und Stadtentwicklungsgesellschaft beantragt. Wir freuen uns sehr, dass dieser Antrag mit knapper Mehrheit durchgegangen ist. Wir haben auch beantragt, leer stehende Wohnungen zu ermitteln. Die Stadt soll den Eigentümern anbieten, diese anzumieten und die Haftung dafür zu übernehmen, um sie dann an Wohnungssuchende unterzuvermieten.

Familienförderung und Kinderbetreuung

Der Landkreis hat die Kreisumlage ab dem Haushaltsjahr 2018 um 0,2 Prozentpunkte mit der Erwartung gesenkt, dass die Kommunen mit dem eingesparten Geld Familienzentren einrichten. Die Nachbarkommunen sind dem nachgekommen, Bad Mergentheim nicht. Seit vielen Monaten hören wir die Ausrede unseres OB, erst einmal erheben zu wollen, welche Angebote es hierfür in der Stadt schon gibt. Wir bedauern sehr, dass unser Antrag, im Jahr 2020 endlich auch bei uns ein Familienzentrum zu gründen und dafür 50.000 € einzuplanen, erneut abgelehnt worden ist.

In den kommenden Jahren stehen wir vor gewaltigen Herausforderungen. Die Demografen haben sich geirrt. Statt weniger haben wir wieder mehr Kinder in unserer Stadt. Und das ist gut so. Dies bedeutet aber auch, dass wir viel Geld für die Kinderbetreuung ausgeben müssen. Wir bauen eine neue Kinderkrippe im Auenland für 1,2 Mio. €, den Kindergarten Maria Hilf für 4,2 Mio. €, einen neuen Kindergarten in Edelfingen für 3,8 Mio. € und sanieren die dortige Schule für 3 Mio. €. In Vorbereitung sind ein weiterer Kindergarten und Erweiterungen bei den Grundschulen in der Kernstadt sowie die Sanierung der Schule in Wachbach. Allein für die Schulentwicklung stehen Kosten von 25 Mio. € im Raum, das ist das gesamte Investitionsvolumen der Stadt in zweieinhalb Haushaltsjahren! Und mit den Baukosten ist es ja nicht getan. Hinzu kommen steigende Betriebskosten. Bereits im Jahr 2018 musste die Stadt für die Betreuung in Kinderkrippen und Kindergärten 5,8 Mio. € zuschießen. Dieser Betrag wird weiter steigen. Das tragen wir selbstverständlich mit. Nicht akzeptieren können wir aber die sehr unterschiedlich hohen Kosten verschiedener freier Träger für Kinderkrippen- und Kindergartenplätze. Hier ist die Verwaltung gefordert, nicht jeden Preis zu akzeptieren.

Schulden

Die langjährigen Gemeinderatskolleginnen und –kollegen kennen das bereits. Um die finanzielle Situation unserer Stadt zu beurteilen vergleiche ich unsere Verschuldung gerne mit der anderer Kommunen im Land. Laut Statistischem Landesamt lagen wir mit unserer Pro-Kopf-Verschuldung von 2.812 € am 31.12.2018 unter 1.101 Gemeinden auf Platz 31, d.h. unter den 5 Prozent der am höchsten verschuldeten! Im Jahr 2020 benötigen wir nun allein im Kernhaushalt eine Kreditermächtigung von 7,5 Mio. €, um die Liquidität der Stadt zu sichern. Dies führt zu einer Nettoneuverschuldung von 5,8 Mio. €. Der leichte Schuldenabbau der letzten Jahre ist mit einem Schlag wieder dahin. Hinzurechnen müssen wir die Kreditaufnahmen im Eigenbetrieb Abwasser von 11,7 Mio. € und die außerhalb des Haushalts finanzierten Neubaugebiete von rund 14 Mio. €. Unsere Gesamtverschuldung explodiert und geht von 61,8 Millionen in 2019 auf rund 85 Millionen in 2020 hoch, das bedeutet 3.574 € pro Kopf, ein neuer Schuldenrekord. Die Sorgenfalten auf der Stirn von Kämmerer Artur Wirtz sind tief. Wenn das schon nicht vom OB kommt, hätten wir uns wenigstens von ihm deutliche Mahnungen zum Einhalten von Haushaltsdisziplin gewünscht. Ja, ich weiß, die reale Kreditaufnahme wird unter der maximal möglichen landen. Am Ende wird es nicht ganz so dramatisch kommen wie befürchtet. Auch drücken uns die Schulden außerhalb des Haushalts etwas weniger, weil das Geld mit dem Verkauf der Bauplätze wieder zurückfließen sollte. Zudem ist das Zinsniveau so niedrig wie noch nie. In der mittelfristigen Finanzplanung zeigt sich aber, dass die Ergebnishaushalte auch in den kommenden Jahren negativ ausfallen. Wir werden weitere Kredite aufnehmen müssen. Für Schulen und Kindergärten halten wir das Verfehlen der schwarzen Null für akzeptabel. Anhaltend negative Ergebnishaushalte weisen jedoch auf ein strukturelles Haushaltsdefizit hin, das den Gemeinderat zu strikter Haushaltsdisziplin veranlassen müsste, die wir schmerzlich vermissen.

Da tröstet es uns ein wenig, dass die CDU-Fraktion unsere Haushaltsanträge aus den Vorjahren kopiert und ein Haushaltssicherungskonzept beantragt hat. Dazu haben wir natürlich ja gesagt. Ich will aber auch betonen, dass die dringend nötige Haushaltskonsolidierung nicht allein Aufgabe des Gemeinderats sein kann. Unseren OB und unsere Verwaltung wollen wir nicht aus ihrer Verantwortung dafür entlassen. Wir erwarten konkrete Vorschläge aus der Verwaltung dazu.

An dieser Stelle erlaube ich mir noch eine persönliche Anmerkung: Ich frage mich, wie es bei unserer prekären Haushaltslage möglich sein soll, auch noch die Investitionen für die Landesgartenschau zu stemmen, die 34,4 Millionen € kosten soll. Davon wird die Stadt voraussichtlich die Hälfte aus eigener Tasche zahlen müssen.

Fazit

Der Haushalt ist der beste, worin man nichts Überflüssiges will, nichts Notwendiges entbehrt“, meinte bereits Pittakos, einer der sieben Weisen, der von 650 bis 570 vor Christus auf der Insel Lesbos lebte. Der Haushaltsplan 2020 verletzt unserer Ansicht nach seine beiden Kriterien. Die 50.000 € für einen sogenannten Bürgerhaushalt sind nur wünschenswert, aber nicht notwendig. Das gilt ebenso für den dritten Brückenheiligen in Markelsheim, den autonomen Busverkehr oder die 22.000 € für das Städtenetzwerk „Hohenlohe Plus“, um nur einige wenige Positionen zu nennen. Für 50.000 € eine Sanierungsplanung für das Freibad in Althausen in Auftrag zu geben, ohne erst einmal darüber zu entscheiden, ob wir uns auf Dauer 3 Freibäder leisten können, ist fahrlässig. Solche Inhaltsstoffe lösen bei uns Allergiereaktionen aus. Dringend nötig – aber nicht geplant – ist dagegen ein neues Mobilitätskonzept für alle, der Ausbau des ÖPNV und des Radwegenetzes.

Es mag sein, dass wir Grüne mit unserer Kritik an der Mergentheimer Kommunalpolitik und an den Haushaltsplänen der Stadt von manchen als Miesmacher oder Nestbeschmutzer wahrgenommen werden. Das wäre schade. Denn wir wollen unsere lebens- und liebenswerte Stadt keineswegs schlechtreden. Es macht uns wirklich keine Freude, ein ums andere Mal die Finger in die Wunden zu legen. Vielmehr wollen wir unsere Stadt besser machen: umweltfreundlicher, klimaschonender, nachhaltiger, kinderfreundlicher, barrierefreier und attraktiver für unsere Gäste. Wir geben die Hoffnung nicht auf, dass wir Gemeinderat und Verwaltung von unseren Ideen für eine bessere Zukunft überzeugen und künftig auf Kritik verzichten können.

Die Zutatenliste, alias der Haushaltsplan, muss aber halten, was die schönen Bilder und Werbeslogans auf der städtischen Homepage versprechen. Ihn bewerten wir danach, ob er unsere Ziele befördert. Wir fragen, ob er enkeltauglich ist, ob wir damit unserer Verantwortung für die nachfolgenden Generationen gerecht werden. Wir sind zum Schluss gekommen, leider nein und übernehmen deshalb auch keine Verantwortung dafür.

Dem Stellenplan und den Wirtschaftsplänen der Eigenbetriebe stimmen wir zu. Unsere Ablehnung des Haushalts richtet sich keineswegs gegen unsere Kämmerei oder gegen die Mitarbeitenden in der Stadtverwaltung. Ihnen danken wir für die viele Arbeit, die sie mit dem Haushaltsplanentwurf 2020 und den Haushaltsberatungen geleistet haben. Die waren bestens vorbereitet und organisiert. Bei aller Gegensätzlichkeit verliefen die Haushaltsberatungen in sachlicher Atmosphäre. Deshalb schließe ich jetzt mit einem ausdrücklichen Dank dafür an den OB und alle Kolleginnen und Kollegen.

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