Herz statt Hetze

Bündnis für Demokratie und Menschenrechte

Wenn sich sehr unterschiedliche Organisationen wie Gewerkschaften, Kirchen oder Parteien, die teilweise sogar miteinander konkurrieren, zu einer gemeinsamen Aktion zusammenschließen, muss etwas Besonderes passiert sein. Das war bei der Veranstaltung unter dem Motto „Herz statt Hetze“ der Fall, die im Evangelischen Gemeindehaus in Boxberg stattfand.

Anlass für diese ungewöhnliche gemeinsame Aktion war der Auftritt der rechtsextremen Band „Permafrost“ bei einem Open-Air-Festival in Bobstadt. Nachdem es nicht gelungen war, diesen zu verhindern, entschied sich das breite zivilgesellschaftliche Bündnis aus den evangelischen Kirchenbezirken Adelsheim-Boxberg und Weikersheim, dem Arbeitskreis Asyl Bad Mergentheim, der Initiative „Mergentheim Gegen Recht“ und der Kreisverbände der SPD, der Grünen und der Linken sowie dem Kreisverband des DGB und der IG-Metall Tauberbischofsheim dazu, eine Parallelveranstaltung durchzuführen. Dabei sollte ein Zeichen gesetzt werden gegen den von „Permafrost“ vertretenen Satanismus, Rassismus und Antisemitismus.

Wie rechtsextrem ist "Permafrost"?

Nach der Begrüßung durch Dekan Rüdiger Krauth zeigte Timo Büchner von der Initiative „Mergentheim Gegen Rechts“ auf, weshalb die Band als rechtsextremistisch einzustufen ist. Sie hat Lieder von Nazi-Bands wie „Landser“, „Absurd“ oder „Tonstörung“ gespielt und das Publikum dabei aufgefordert, den „eindeutig antisemitischen Text des sogenannten Blutliedes von ‚Tonstörung‘ mitzusingen“, so Büchner. Im Bewusstsein, dass der Text verboten ist, habe die Band ihn nicht ins Mikrofon gesungen. Aber nicht nur die Liedtexte, sondern vor allem Äußerungen der Bandmitglieder in einschlägigen Internetforen sind für das Bundesinnenministerium der Grund dafür, „Permafrost“ als rechtsextrem einzustufen.

Benjamin Schneider, Hauptakteur der Band, wirkt zudem in weiteren Neonazi-Bands wie „Blutrache“ oder „Heiliges Reich“ mit. Mit letzterer ist er bei den Neonazi-Festivals „Rock für Deutschland“ und „In Bewegung“ aufgetreten. Dort sorgte er mit einer offenen Verherrlichung des Holocaust für bundesweite Empörung. Der Schlagzeuger ist auch in die Rechtsrock-Bands „Endless Struggle“ und „Killuminati“ involviert. Beide Musiker sind ebenfalls Mitglieder der bekanntesten deutschen Rechtsrock-Band „Kraftschlag“. „Permafrost“ veröffentlicht seine CDs bei der Plattenfirma „Darker Than Black“ des verurteilten Mörders Hendrik Möbus, in welchem auch andere einschlägige Bands veröffentlichen. „Permafrost“ ist erst in jüngster Zeit gemeinsam mit der extrem rechten Band „Ad Hominem“ beim „Eternal Hate Festival“ in Tschechien aufgetreten, berichtete der Referent.

Die Werte des Grundgesetzes verteidigen

Thomas Tuschhoff vom Kreisverband der Grünen erinnerte an die im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verbrieften Grundrechte. Angesichts von rassistischen Bemerkungen, Hasskommentaren im Internet, Brandanschlägen auf Asylbewerberunterkünfte und fremdenfeindlicher Aufmärsche müssen die Grundwerte stets neu vermittelt und miteinander vereinbart werden. „Das Ignorieren, Verharmlosen oder Verschweigen von rechtsextremistischen Aktivitäten ist der falsche Weg“, findet Tuschhoff. Die Zivilgesellschaft muss ihnen vielmehr ein deutliches Nein entgegenhalten. Er bedankte sich bei den vielen Veranstaltungsteilnehmern, die mit ihrem Kommen ein Signal für die Werte des Grundgesetzes setzten.

Die stellvertretende Kreisvorsitzende der SPD, Renate Gaul, sah den Zusammenhalt unserer Gesellschaft gefährdet, wenn „nur noch die Rede von ´Lügenpresse´, dem Parlament als ´Quatschbude´ und von ´rot-grün versifften Gutmenschen` ist“. Sie kritisierte den Veranstalter des Open-Air-Festivals von Bobstadt dafür, dass er eine rechtsextreme Band eingeladen hat und damit eine Plattform für Rassisten bietet. Alle seien aufgefordert, „die Demokratie zu schützen und zu pflegen“. Man dürfe sie nicht denjenigen überlassen, die sie ablehnen und abschaffen wollen. Gaul schloss mit einem mahnenden Gedicht von Erich Kästner, das dieser bereits 1930 verfasst hat.

Keine Toleranz der Intoleranz

Für den Deutschen Gewerkschaftsbund sprach Regionssekretärin Silke Ortwein. Sie sei wütend, weil es nicht gelungen ist, das Konzert von „Permafrost“ zu verhindern. Sie sei aber auch zuversichtlich, weil sie hier Menschen sehe, die diese Entwicklung nicht hinnehmen wollten. Gelebte Demokratie heiße für sie, rechte Tendenzen aufzuzeigen und zivilgesellschaftliches Engagement zu vertreten. „Unsere Gesellschaft scheint sich daran zu gewöhnen, dass der Umgang rauer wird. Wenn rote Linien überschritten werden, ist die Demokratie aufgefordert, sich zu wehren.“ so Ortwein. Sie zitierte den Philosophen Karl Popper mit den Worten „im Namen der Toleranz sollten wir das Recht beanspruchen, die Intoleranz nicht zu tolerieren“. Die Tatsache, dass das Open-Air-Festival viele Jahre lang ohne Beanstandungen über die Bühne ging, stelle für sie keine Rechtfertigung dafür dar, eine rechtsextremistische Band nach Bobstadt zu holen. Sie plädierte dafür, sich gegen Rassismus, Antisemitismus und Hetze zu wehren.

Ja zum Leben

Pfarrer Edgar Wunsch bezog sich in seinem Beitrag auf die Facebook-Seite der Band „Permafrost“. Als ihre Interessen habe sie dort „Satanismus, Chaos und Anti-Life“  angegeben. Sie verwende das umgekehrte Kreuz auf der Stirn als Zeichen gegen Gott. Diesen negativen Botschaften stellte Pfarrer Wunsch das Christentum entgegen, das „pro Life“ eingestellt ist. Dabei bedauerte er, dass Geistliche aus Nigeria von manchen seiner Gemeindemitglieder mit fadenscheinigen Ausreden abgelehnt wurden.

Für ein positives Menschenbild

In der abschließenden Rede setzte sich Dekan Krauth mit den Bildern auseinander, die vom Veranstalter des Festivals in Bobstadt sowie von der Band „Permafrost“ veröffentlicht wurden. Es sind Bilder, die düster sind, die mit dem Grusel spielen, die Menschen zeigen, die schwarz-weiß angemalt sind, die das Kreuz Jesu auf den Kopf stellen, die mit dem Pentagramm als Satanszeichen arbeiten, die sich mit Blut beschmieren. Er stellte die Frage, welches Menschenbild hinter diesen Bildern steckt. Der Mensch als Monster, der andere das Fürchten lehrt? Der Mensch als einer, der das Leben verachtet? Das stehe im krassen Widerspruch zum christlichen Bild des Menschen als Ebenbild Gottes, das Lebensfreude und Schöpfungsliebe ausstrahlt.

Silke Ortweind

Musikalisch wurde die Veranstaltung vom Rapper „Chaoze One“ sowie Silke Ortwein umrahmt. Als Zeichen für ein friedliches Zusammenleben ohne Hass und Gewalt versammelten sich die Besucher abschließend vor dem Gemeindehaus um zahlreiche Windlichter, mit denen sie ein Herz bildeten.

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