Eine Insel der Glückseligen?
Gemeinderat lehnt Energiesparziel ab
In Folge seines Angriffskriegs gegen die Ukraine lieferte Russland zunächst weniger, inzwischen gar kein Erdgas mehr über die Pipeline Nordstream 1 nach Deutschland. Die Europäische Union hat den Gasnotstand ausgerufen und ihre Mitgliedsländer aufgefordert, 15% des mittleren Gasverbrauchs der letzten fünf Jahre einzusparen. Energiesparen ist das Gebot der Stunde, weil sonst eine wirtschaftliche Rezession und der Verlust von Arbeitsplätzen droht.
Den Bad Mergentheimer Gemeinderat kümmert diese dramatische Situation aber nicht. Nachdem wir in den städtischen Gremien auf unsere wiederholten Fragen nach Energiesparmaßnahmen der Stadt nur ausweichende Antworten bekamen, haben wir im August mit einem Antrag eine Liste von Sparvorschlägen eingereicht und beantragt, 20 Prozent Energie einzusparen. Dies nahm die Stadtverwaltung zum Anlass, einen eigenen Vorschlag für Energiesparmaßnahmen vorzulegen und sich in einer Pressemitteilung für die eigenen Sparanstrengungen zu loben. Und auf der Homepage des Stadtwerks Tauberfranken ruft OB Udo Glatthaar gemeinsam mit Geschäftsführer Paul Gehrig die Bevölkerung zum Energiesparen auf. Soweit, so gut.
Der wachsweiche Beschlussvorschlag der Stadtverwaltung und unser Antrag wurden dann aber vom September auf den Oktober vertagt ... und vom Oktober auf den November. Die euphorische Pressemitteilung über die Sparmaßnahmen der Stadt ist inzwischen von der städtischen Homepage wieder verschwunden. Es stellte sich heraus, dass die Stadtverwaltung Energie nur im Neuen Rathaus spart, nicht aber in allen anderen städtischen Gebäuden. Sie führte zahlreiche Argumente ins Feld, weshalb Sparmaßnahmen nicht möglich seien. Wie immer ist es auch hier, wer etwas will findet Wege, wer etwas nicht will findet Gründe.
Statt konkreter Sparmaßnahmen haben wir daraufhin ein Einsparziel von 15% beantragt. Wir wollten es der Stadtverwaltung selbst überlassen, auf welchen Wegen sie dieses Ziel erreichen will. Einsparungen von 15% sind kein übermäßig ambitioniertes Ziel, sondern die Vorgabe der EU! Die Stadt Heilbronn hat sich zum Beispiel zum Ziel gesetzt, 20% einzusparen. Doch selbst für das 15%-Ziel gab es im Gemeinderat keine Mehrheit.
Es war noch nie besonders schlau Entwicklungen zu ignorieren, weil sie einem nicht gefallen. Spätestens mit der Gas- und Stromrechnung kommt das böse Erwachen.