Atomkraftwerke endgültig stilllegen
Mit einer ganzen Reihe aktueller Probleme beschäftigte sich der Ortsverband der Grünen Bad Mergentheim unter Leitung der Vorsitzenden Corvin Schmid und Silke Stahnke bei seiner ersten Sitzung nach der Sommerpause. Das Themenspektrum erstreckte sich über alle politischen Ebenen, von der Bundes- über die Landes- bis zur Kommunalpolitik.
Den Auftakt machte Georg Kress mit einer kritischen Analyse des Stresstests für die Stromversorgung im kommenden Winter. Beim Herunterfahren von Atomkraftwerken entstehen Risse in den nuklearen Kreisläufen, berichtete er. „Bereits bei der letzten Überprüfung des Atomkraftwerks in Neckarwestheim im Jahr 2012 wurden zahlreiche Risse festgestellt, die nicht mehr beseitigt worden sind“, so Kress. Für ihn wäre es fahrlässig die Atomkraftwerke weiter laufen zu lassen, weil in Erwartung der Abschaltung keine neuen Sicherheitsprüfungen mehr durchgeführt wurden.
Die Notwendigkeit, Atomkraftwerke als Ersatzreserve weiter vorzuhalten, sieht Georg Kress nicht. Beim Stresstest seien von den Netzbetreibern extrem ungünstige und wenig wahrscheinliche Annahmen gemacht worden. Sie hätten beispielsweise den Ausbau der erneuerbaren Energien mit Stand von 2012 zugrunde gelegt. Sie nahmen an, dass die Kohlekraftwerke wegen des Niedrigwassers nicht mit ausreichend Kohle versorgt werden könnten und wegen des Ausfalls der AKWs in Frankreich viel Strom dorthin exportiert werden müsse. In den letzten 10 Jahren seien aber viele Wind- und Fotovoltaikanlagen hinzu gekommen, die zuverlässig grünen Strom liefern. In Norddeutschland würde sehr viel Windstrom erzeugt, der nur wegen fehlender Transportleitungen nicht nach Süddeutschland geleitet werden könne. Trotz des Strombedarfs im Süden müssten deshalb Windräder im Norden abgeschaltet werden, um die Netzstabilität nicht zu gefährden. Georg Kress plädiert aus Sicherheitsgründen dafür, die letzten drei AKWs am Jahresende endgültig stillzulegen und nicht wieder in Betrieb zu nehmen.
Neues Kommunalwahlrecht ab 2024
Über die Pläne der Landesregierung zur Reform des Kommunalwahlrechts sprach die Ortsverbandsvorsitzende Silke Stahnke. Sie begrüßte, dass das passive Wahlrecht von 18 auf 16 Jahre heruntergesetzt werden soll. Das Alter für Bürgermeisterkandidierende soll gleichzeitig von 25 auf 18 Jahre abgesenkt werden. Von diesen Regelungen verspricht sie sich, dass sich die Jugend stärker in die Politik einbringt. Die Neuerungen sollen bereits zur nächsten Kommunalwahl 2024 in Kraft treten.
Durch den stark steigenden Zustrom vor allem von ukrainischen Geflüchteten sieht Horst Hoffmann vom Arbeitskreis Asyl große Unterbringungsprobleme auf Bad Mergentheim zukommen. Es bestehe ein eklatanter Wohnungsmangel. Der Landkreis berücksichtige bei seiner Verteilung der Geflüchteten auf die Kommunen im Kreis leider nicht die hohe Anzahl derjenigen, die in Bad Mergentheim schon privat untergekommen sind. Er weise der Stadt nun weitere 30 Personen zu, die wohl nur in den Containern in der Max-Planck-Straße untergebracht werden könnten. Für Wohnungsvermieter ebenso wie für den Arbeitskreis Asyl wäre es eine große Hilfe, wenn die Stadtverwaltung Wohnungen anmieten würde, die flexibel an Geflüchtete untervermietet werden können.
Viel Zeit verloren
Sehr erfreut zeigte sich Stadtrat Thomas Tuschhoff darüber, dass derzeit von der Klimaschutzmanagerin Ann-Kathrin Murphy eine Fokusberatung Klimaschutz durchgeführt wird. Daran anschließen soll sich die dringend nötige Anstellung einer Klimaschutzmanagerin oder eines Klimaschutzmanagers, um für Bad Mergentheim ein Klimaschutzkonzept zu entwickeln und umzusetzen. Darauf drängt die Stadtratsfraktion der Grünen schon seit über 10 Jahren. Bereits 2011 habe seine Fraktion den Antrag gestellt, sich dem Klimabündnis anzuschließen und ein Klimaschutzkonzept zu entwickeln. Das sollte eine Treibhausgasbilanz erstellen, Reduktionsziele festlegen und Maßnahmen planen und evaluieren, die zum Erreichen dieser Ziele erforderlich sind. Weitere solche Anträge in den folgenden Jahren seien vom Gemeinderat immer wieder abgelehnt worden, bis es 2021 endlich eine Zustimmung gab. Tuschhoff bedauerte, dass durch die Ablehnungen sehr viel Zeit verloren wurde. Es sei jetzt eine kaum noch zu bewältigende Herkulesaufgabe für die Stadt, bis 2034 klimaneutral zu werden.
Groß ist die Freude bei den Grünen auch darüber, dass Bad Mergentheim einen vom Land finanzierten Fußverkehrs-Check bekommt. Dieser gehe ebenfalls auf ihren Antrag zurück. Sie versprechen sich davon eine höhere Aufenthalts- und Lebensqualität in der Stadt. Dazu wird es eine Beteiligung der Bürgerschaft geben. Die Grünen haben die Bitte, diese Chance zu nutzen und daran mitzuwirken. Stadtrat Tuschhoff machte darüber hinaus auf den derzeit laufenden Fahrradklima-Test des ADFC aufmerksam und empfahl allen Radfahrenden, sich daran zu beteiligen. Das Ausfüllen des Fragebogens im Internet benötige nur wenige Minuten.