Freizeit- und Erlebnisbad Solymar

Wie alles anfing

Nach über 30 Jahren Badebetrieb musste das Anfang der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts gebaute Freizeitbad Solymar in Bad Mergentheim generalsaniert werden. Ein Gutachter kam zu dem Ergebnis, dass allein für die Betonsanierung 9 Millionen Euro aufgewendet werden müssen. Die in den letzten Jahren ständig gesunkenen Besucherzahlen hätte man mit einer reinen Betonsanierung aber nicht steigern können. Denn neue Attraktionen wären dadurch nicht entstanden.

Zeitweise wurde überlegt, ein neues Bad an einem anderen Standort zu bauen und das Solymar anschließend abzureißen. Eine nur annähernd so gute Lage für ein neues Freizeitbad gab es allerdings nicht. Ein Neubau in derselben Größe wäre auch wesentlich teurer als eine Sanierung des Solymars gekommen. Deshalb fiel die Enscheidung, das bestehende Gebäude grundlegend zu sanieren und zu attraktivieren.

Land und Kreis steigen aus

Die Erholungs- und Freizeitbad Bad Mergentheim GmbH gehörte je zur Hälfte der Kurverwaltung GmbH und der Stadt Bad Mergentheim. Weil die Stadt aber auch zu einem Drittel an der Kurverwaltung beteiligt ist, war sie bereits zu zwei Dritteln Eigentümerin des Solymars. Die beiden anderen Gesellschafter der Kurverwaltung, der Main-Tauber-Kreis und das Land Baden-Württemberg, wollten die laufenden Defizite des Badebetriebs nicht länger mittragen und aus der Solymar GmbH aussteigen. Ein Kündigungsrecht sah der Gesellschaftsvertrag des Solymars zwar nicht vor. Das Angebot des Landes, 8 Millionen für die Sanierung des Bades zu bezahlen, wenn man der Kurverwaltung den Ausstieg ermöglicht, konnte die Stadt jedoch nicht ausschlagen. Ohne dieses Geld des Landes wäre die Modernisierung und Attraktivierung gar nicht möglich geworden. Daher wurde die Kurverwaltung, und mit ihr die beiden Gesellschafter Land und Kreis, aus der Gesellschaft entlassen. Seither ist die Stadt die alleinige Eigentümerin.

Der Plan

Oberbürgermeister und Gemeinderat war klar, hohe Sanierungskosten kann die finanziell klamme Stadt Bad Mergentheim nicht aufbringen. Unter der Vorstellung, dass Privatunternehmen kostengünstiger arbeiten als die im kommunalen Besitz befindliche Erholungs- und Freizeitbad Bad Mergentheim GmbH, wollte man mit der Sanierung und dem Betrieb des Bades ein im Bäderwesen erfahrenes Privatunternehmen beauftragen. Dieses sollte auch die Umbaupläne erstellen und das Solymar anschließend 20 Jahre lang ohne weitere Betriebsmittelzuschüsse betreiben.

Es fand eine öffentliche Ausschreibung statt, die von der Firma CBRE Germany durchgeführt und begleitet wurde. Vergabekriterium war darin vor allem, dass die Baukosten nicht mehr als 16,5 Mio. Euro betragen dürfen. Gewinner dieses Wettbewerbs war die Firma g1. Sie bekam daher auch den Zuschlag. Abzüglich der 8 Mio. Euro vom Land hätte die Stadt also 8,5 Mio. Euro aufbringen müssen. Damit wäre die jährliche Belastung für den Stadthaushalt etwa in der Höhe der letzten Jahre verblieben, in denen ständig Zuschüsse bezahlt werden mussten.

Verkalkuliert

Die Firma g1 hatte den Zuschlag für ihre Planung bekommen, die einen Betrieb des Solymars ohne laufende Zuschüsse ermöglichen sollte. Dazu gehörte, das von Vielen geliebte Wellenbad durch kleinere Wellnessbecken zu ersetzen und den Saunabereich auszubauen. Dies führte zu heftigen Protesten aus der Bürgerschaft. Die Verkleinerung der Wasserfläche ist jedoch aus wirtschaftlichen Gründen unvermeidlich. Bei den aktuellen Energiepreisen kann man es sich nicht mehr erlauben, große Wassermengen ständig aufzuheizen. Mit den Umbauarbeiten wurde begonnen. g1 hatte versprochen, das Bad während des Umbaus teilweise weiter zu betreiben. Lediglich 6 Wochen lang sollte es komplett geschlossen werden.

Bald stellte sich jedoch heraus, dass die Schäden am Gebäude viel größer waren, als zuvor durch Gutachter festgestellt. Das Dach musste wegen Korrosionsschäden komplett erneuert werden, was nicht eingeplant war. Nachdem man Betonteile, im Fachjargon "Vorhangschalen" genannt, von der Fassade abgenommen hatte, zeigten sich darüber hinaus gravierende Betonschäden an tragenden Teilen ("Tragschalen"). Beim Bau des Solymars war offensichtlich gepfuscht worden.

Zwar erklärte sich die Stadt bereit, die Mehrkosten für den unvorhergesehenen Sanierungsbedarf zu übernehmen, um den Fortgang des Umbaus zu ermöglichen. Die Firma g1 erkannte jedoch, dass sie sich verkalkuliert hatte. Das von ihr selbst geplante und vertraglich zugesagte Bad war mit dem vorgesehenen Budget nicht zu bauen. Sie meldete im Sommer 2012 Insolvenz an. Kurz zuvor hatte die Stadt, dem Baufortschritt entsprechend, noch Geld an g1 gezahlt, das die jedoch nicht an die Handwerker durchreichte. Diese Firmen stellten daher die Forderung, zunächst ihre bisher nicht bezahlten Leistungen von der Stadt vergütet zu bekommen, bevor sie weiterbauen. Diese Arbeiten hat die Stadt also zweimal bezahlt, einmal an g1 und einmal an die Handwerker.

Schrecken ohne Ende

Die Baustelle stand still und das Bad blieb geschlossen. Die Bürgerschaft ging auf die Barrikaden. Insbesondere die Schwimmabteilung des TV Bad Mergentheim beschwerte sich heftig über die Schließung des Sportbades, das für sie als Trainings- und Wettkampfbecken unentbehrlich war. Ein Ausweichen ins Freibad bzw. in Hallenbäder benachbarter Kommunen konnte den Verlust des Sportbades nicht kompensieren.

Nach monatelangen Verhandlungen mit dem Insolvenzverwalter der Firma g1, dem Architekten und den Handwerkern ging es Ende 2012 endlich weiter. Man konnte in die bestehenden Verträge einsteigen und die Planung übernehmen. Nun stellten sich jedoch weitere Probleme heraus. Wichtige Erneuerungen waren von g1 aus finanziellen Gründen nicht eingeplant worden. Den Zustand der Abwasserkanäle unter dem Gebäude hatte niemand untersucht. Dort fand man so große Schäden, dass eine umfangreiche Kanalsanierung erforderlich war. Teilweise musste der Betonboden des Solymars aufgeschnitten und von Hand weiter gegraben werden, um an die Kanäle heranzukommen. Das Spaßbad blieb das ganze Jahr 2013 geschlossen, was für den Tourismusbetrieb in Bad Mergentheim ein schwerer Dämpfer war. Und die Kosten stiegen und stiegen. Aus den ursprüngllch vorgesehenen 16,5 Mio. Euro sind dadurch bis jetzt 27,8 Mio. geworden! Hinzu kommen noch die Kosten für das Personal, das während der Schließung des Solymars weiter bezahlt werden muss. Die Stadt muss daher nicht nur 8,5 Mio. Euro, sondern 19,8 Mio. aufnehmen. Die pro-Kopf-Verschuldung ihrer Bürger steigt um 885 Euro an. Zusammen mit ihren sonstigen Schulden liegt Bad Mergentheim damit auf Rang 6 von 1.101 Gemeinden im Land. Hinzu kommen werden aber noch Kosten für die Einrichtung und den Probebetrieb.

Wer betreibt das Solymar?

Die Bauarbeiten gehen nun zum Glück voran. Geplant ist die Fertigstellung Mitte Mai 2014. Noch aber ist völlig offen, wer das Solymar danach betreiben wird. Die Gemeinderatsmehrheit ist - trotz der desaströsen Erfahrungen mit der Firma g1 - der Auffassung, dass dies nur ein Privatunternehmen sein kann. Am Glauben, dass private Unternehmer grundsätzlich besser wirtschaften als öffentliche, hält man ungebrochen fest. Deshalb fand wieder eine öffentliche Ausschreibung über den Betrieb des Bades statt. Eine Entscheidung ist aber noch immer nicht getroffen worden.

Wir Grüne sind der Meinung, dass es unter den Bäderbetreibern keinen echten Wettbewerb geben kann, weil nur sehr wenige Unternehmen in diesem Feld tätig sind. Es handelt sich um eine Art Oligopol. Wir zweifeln an, dass sich durch ein Ausschreibungsverfahren ein besonders günstiges Angebot für die Stadt Bad Mergentheim ergeben wird. Wir sind ferner der Auffassung, dass mit einem erfahrenen Badmanager auch die städtische Erholungs- und Freizeitbad Bad Mergentheim GmbH in der Lage ist, das vollkommen sanierte, modernisierte und attraktive Solymar wirtschaftlich zu betreiben. Den Gewinn, den sich ein Privatunternehmen vom Betrieb verspricht und den Risikopuffer, mit dem es kalkulieren muss, hätten wir gerne für die Stadt. Das Risiko des Scheiterns bleibt ohnehin an der Stadt hängen. Bleibt der Betrieb defizitär, wird ein Privatunternehmen Insolvenz anmelden und den Betrieb wieder an die Stadt abgeben.

Die Lehren aus dem Desaster

Die Stadträte der Grünen haben im Vertrauen auf die Versprechungen der CBRE und der privaten Anbieter die bisherigen Beschlüsse zur Sanierung des Solymars stets mitgetragen. Die Alternative, es ersatzlos zu schließen, wäre für die Kur- und Tourismusstadt Bad Mergentheim nicht denkbar gewesen. Der Glaube der Privatisierungsapologeten, dass die Privatwirtschaft grundsätzlich günstiger und besser arbeitet als öffentliche Unternehmen, hat sich jedoch als Mythos erwiesen. Die mit einem Festpreis geplante Sanierung des Solymars endete mit einer finanziellen Katastrophe für die Stadt Bad Mergentheim. Die Kosten haben sich nahezu verdoppelt. Wegen ihrer gestiegenen Verschuldung muss die Stadt nun auf andere notwendige Investitionen, wie z.B. die Sanierung maroder Straßen, verzichten. Alle Gutachten und Untersuchungen des Gebäudes vor Beginn der Sanierung haben das ganze Ausmaß der Schäden nicht erfasst und nicht verhindert, dass kostenträchtige Überraschungen auftraten. Die Insolvernz von g1 und die langwierigen Ausschreibungsverfahren haben das Projekt verzögert und viel Geld für Beratungsfirmen und Rechtsanwälte verschlungen. Ausschreibungsverfahren müssen zwingend nicht-öffentlich durchgeführt werden. Die Bürgerschaft fühlte sich hierdurch übergangen und vor vollendete Tatsachen gestellt, was zu Protesten führte. Wenigstens der Betrieb des Solymars sollte nun von der Stadt selbst durchgeführt werden.

[Update 10.03.2014]

In seiner Sitzung vom 20. Februar 2014 beschloss der Gemeinderat in nicht-öffentlicher Sitzung, den Betrieb des Solymars an die Firma Schauer zu vergeben. Zwischen dem Beschluss des Gemeinderats, den Betrieb öffentlich auszuschreiben, und der Vergabe verging ein ganzes Jahr! In dieser Zeit wurde im Solymar natürlich weiter gebaut. Dem zukünftigen Betreiber war es verständlicher Weise nicht möglich, Einfluss auf die Sanierungsarbeiten zu nehmen, weil er noch gar nicht feststand. Hierdurch kam es zu einer Reihe von Fehlern, die mutmaßlich hätten vermieden werden können, wenn man dem Antrag der Grünen gefolgt wäre, das Bad selbst zu betreiben und umgehend einen Badmanager zu engagieren, der die Umbauarbeiten begleitet und dafür sorgt, dass ein gut funktionierendes Bad entsteht.

Die Grünen-Stadträte haben übrigens geschlossen gegen die Vergabe gestimmt, weil sie der Meinung sind, dass die Stadt Bad Mergentheim das Solymar mit einem erfahrenen Badmanager besser selbst betrieben hätte. Der Gemeinderat hat sich jedoch mehrheitlich anders entschieden. Nun hoffen wir, dass der Privatunternehmer die Gäste begeistern und das Solymar erfolgreich führen wird.

Ohne Vorberatung in den Ausschüssen wurde auch noch beschlossen, das Mineralaußenbecken neu zu gestalten und mit einem Strömungskanal auszustatten. Hierfür fallen Mehrkosten von über 1 Million Euro an. Dies hat zur Folge, dass das Mineralaußenbecken zur Eröffnung des neuen Solymars noch nicht fertig sein wird.

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