Der Weg zu einer rechtssicheren Gemeinderatswahl

Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs in Mannheim vom 19. Juli 2022 zur Gemeinderatswahl 2019 in Tauberbischofsheim betrifft auch Bad Mergentheim. Zur Erinnerung: Weil die Teilorte im Gemeinderat von Tauberbischofsheim zu ungerecht repräsentiert sind, muss die Wahl am 5. Februar 2023 wiederholt werden.

Dem Verhältnis ihrer Einwohnerzahlen nicht entsprechende Sitze von Ortsteilen im Gemeinderat sind von der bisherigen Rechtsprechung sehr großzügig erlaubt worden. 20%ige Über- oder Unterrepräsentationen sah das Innenministerium als zulässig an. Auch größere Abweichungen seien möglich, wenn dies mit den besonderen örtlichen Verhältnissen zu begründen ist. Das Urteil zu Tauberbischofsheim legt nun strengere Maßstäbe an. Die Regelungen der Eingemeindungsverträge, die den Teilorten feste Sitze garantierten, gelten nicht mehr uneingeschränkt. Vielmehr sind die Veränderungen der Einwohnerzahlen zu berücksichtigen und eine möglichst gerechte Sitzverteilung vorzunehmen. Alle Kommunen mit unechter Teilortswahl müssen sich nun die Frage stellen, ob ihre Verteilung der Gemeinderatssitze auf die Teilorte bzw. Wohnbezirke den Kriterien dieses Gerichtsurteils entspricht. Andernfalls besteht die Gefahr, dass die nächste Gemeinderatswahl erfolgreich vor Gericht angefochten wird.

Probleme der unechten Teilortswahl

  • Mit dem komplizierten Wahlverfahren sind viele Bürger:innen überfordert. Es kommt zu ungefähr doppelt so vielen ungültigen Stimmabgaben wie ohne unechte Teilortswahl. Dadurch wird der Wählerwille verfälscht.
  • Durch Ausgleichsmandate werden die Gemeinderäte oft weit über die vorgesehene Anzahl von Sitzen hinaus aufgebläht. Der Bad Mergentheimer Gemeinderat soll eigentlich 28 Sitze haben. Tatsächlich gehören diesem Gremium jedoch 33 Mandatsträger:innen an.
  • Die Wahlvorschläge dürfen in jedem Wohnbezirk maximal eine Person mehr enthalten als dort zu wählen sind. Das erschwert die Bildung von Wahlvorschlägen.
  • Fünfzig Jahre nach der Gemeindereform ist die unechte Teilortswahl überholt. Die Kommunen sind zusammengewachsen. Alle Räte haben die Interessen der Gesamtstadt zu vertreten, nicht nur die ihres Teilorts.
  • Die Befürchtung, dass die Interessen der Ortsteile ohne die unechte Teilortswahl zu kurz kommen, ist unbegründet. Alle Teilorte haben einen eigenen Ortschaftsrat. Die jeweiligen Ortsvorsteher nehmen an den Sitzungen des Gemeinderats teil und haben dort Rederecht. Aktuell haben 6 von 13 Teilorten keinen Sitz im Gemeinderat. Man kann jedoch nicht davon sprechen, dass sie dadurch benachteiligt würden.

Unechte Teilortswahl abschaffen

Viele Gemeinden im Land haben die unechte Teilortswahl deshalb schon abgeschafft. Im Main-Tauber-Kreis waren dies Wertheim, Lauda-Königshofen und Igersheim. Wir sind dafür, die unechte Teilortswahl auch in Bad Mergentheim abzuschaffen. Allerdings benötigen wir dafür die Mehrheit aller gewählten Gemeinderät:innen. Nach den bisher geführten Gesprächen ist zweifelhaft, dass die erforderliche Mehrheit für die Umstellung auf Verhältniswahl zustande kommt. Das könnte daran liegen, dass manche befürchten, in einem kleineren Gemeinderat keinen Sitz mehr zu bekommen.

Sitze gerecht verteilen

Für den Fall, dass es keine Mehrheit zum Übergang auf die Verhältniswahl gibt, haben wir vorgeschlagen, die Einteilung der Wohnbezirke und die Zahl der Sitze an die Einwohnerentwicklung anzupassen, so dass es für die einzelnen Wohnbezirke nur noch sehr geringe Abweichungen der zugeteilten von den rechnerisch zustehenden Sitzen gibt. Außerdem wollten wir die Eingemeindungsverträge, die jedem Stadtteil einen Sitz im Gemeinderat garantieren, so weit als möglich beachten. Das gelingt indem wir den Gemeinderat von 28 auf 27 Sitze verkleinern, den Stadtteil Herbsthausen vom Wohnbezirk V in den Wohnbezirk IV verschieben und folgende Sitzverteilung festlegen:

Wohnbezirk Einwohner:innen
Sitze
I Kernstadt 14.781 16
II Althausen, Neunkirchen, Rengershausen, Stuppach 2.601 3
III Dainbach, Edelfingen, Löffelstelzen 2.933 3
IV Apfelbach, Herbsthausen, Markelsheim 2.617 3
V Hachtel, Rot, Wachbach 1.733 2

Mit unserem Vorschlag können - unabhängig vom Wahlergebnis - allein durch die Hauptsatzung der Stadt nur zwei Stadtteile nicht im Gemeinderat vertreten sein.

Zurück zur Newsübersicht