Mit Corona leben
Virtuelle Ortsverbandssitzung der Grünen Bad Mergentheim
Die Infektionszahlen sind zwar zurückgegangen. Früher übliche Parteiversammlungen sind aber nach wie vor nicht möglich. Die Grünen Bad Mergentheim führen ihre Ortsverbandssitzungen deshalb weiterhin nur online durch.
Gefühl und Verstand
Bei ihrem letzten virtuellen Treffen hielt Heiner Kücherer ein spannendes Impuls-Referat. Er setzte sich kritisch mit den politischen Phantasien auseinander, die der Fraktionsvorsitzende der AfD im Thüringer Landtag, Björn Höcke, in seinem Buch „Nie zweimal in denselben Fluss“ veröffentlicht hat. Kücherer kritisiert den AfD-Jargon von Höcke, der andere ausgrenze und abwerte, wenn er von einer „ethnokulturellen Aufnahmefähigkeit/Identität“ spreche. Die Forderung nach „Deislamisierung“ sei nichts anderes als Islamfeindlichkeit, „großangelegte Remigration“ bedeute im Klartext systematische Deportation. Höcke wolle zurück zu einem autoritären, homogenen deutschen Bildungs- und Kulturstaat, in dem „konsequent durchregiert“ werde. Allein seinen AfD-Jargon zu kritisieren greife aber zu kurz. Gefährlich sei, dass er mit suggestiven Bildern arbeite und damit die Sehnsucht vieler Menschen nach einheitlichen, überschaubaren und autoritären Ordnungen bediene. Den Grünen empfiehlt Kücherer, der AfD nicht nur mit rationalen Argumenten zu begegnen, sondern auch die Emotionen der Menschen anzusprechen. In der anschließenden Diskussion meinte Dietrich Grebbin, dass „Verfassungspatriotismus“ ein passendes, positiv konnotiertes Gefühl sein könnte. Mit ihrer Programmatik, die natürlichen Lebensgrundlagen und die Heimat zu erhalten, können die Grünen nach Meinung anderer durchaus positive Emotionen anbieten. Den Heimatbegriff wolle man keinesfalls den Rechten überlassen. Um das Bestehende zu erhalten ist laut Heiner Kücherer aber Wandel nötig.
Verkehrskonzept genügt nicht
Aus dem Gemeinderat berichtete anschließend Stadtrat Thomas Tuschhoff. Das neue Bad Mergentheimer Verkehrskonzept sei zwar ein kleiner Schritt in die richtige Richtung. Es bleibe aber weit hinter dem zurück, was nötig sei. Er bedauere sehr, dass der Grünen-Antrag äußerst knapp gescheitert ist, einen nachhaltigen Verkehrsentwicklungsplan in Auftrag zu geben. „Damit wurde eine große Chance vertan“, so Tuschhoff. Der nachhaltige Verkehrsentwicklungsplan hätte das Ziel gehabt, Mobilität klimaschonender sicherzustellen, Verkehrslärm zu reduzieren, die Stadt erreichbarer zu machen, Verkehrsstaus und Parkplatzprobleme zu vermindern. Dieser Plan hätte gemeinsam mit den Kommunen in der Umgebung entwickelt werden sollen, zu denen die Hauptverkehrsbeziehungen der Stadt bestehen. Denn mit 65 Prozent mache der Ziel- und Quellverkehr in Bad Mergentheim den Löwenanteil des Verkehrs aus. Diesen könne man nicht auf Umgehungsstraßen verlagern. Vielmehr gelte es, ihn zu reduzieren indem man ihn soweit als möglich mit anderen Verkehrsmitteln abwickelt. „Mit der Ablehnung unseres Antrags hat der Gemeinderat einmal mehr dokumentiert, dass er kein wirkliches Interesse am Klimaschutz hat“, fand Tuschhoff. Der Verkehrssektor habe bisher noch keinen Beitrag zur Reduktion von Klimagasen geleistet.
Campus weiterführender Schulen bilden
Beim Schulbau vertrete die Grünen-Fraktion im Gemeinderat die Auffassung, dass die jetzige Eduard-Mörike-Gemeinschaftsschule im Auenland neu gebaut werden soll. „Damit würden wir alle weiterführenden Schulen an einem Standort zusammenführen“, erläuterte Tuschhoff den Vorteil dieser Lösung des Schulraummangels. Man könne hierdurch flexibel auf Veränderungen in der Schullandschaft reagieren, die in den nächsten Jahren zu erwarten sind. Die schon ab 2024 erforderlichen zusätzlichen Grundschulklassen könnten dann in das jetzige Gebäude der Eduard-Mörike-Schule einziehen und befänden sich damit in direkter Nachbarschaft zur Grundschule in der Au.
Arbeiten trotz Corona
Zum Leben mit Corona habe die Grünen-Fraktion weitere Anträge eingereicht. Sie beantragte einen Sachstandsbericht der Verwaltung zur Umsetzung des Online-Zugangsgesetzes. Dieses Gesetz schreibt vor, dass die Kommunen alle Dienstleistungen ab Ende 2022 auch online anbieten müssen. Dies schütze sowohl die Bürgerinnen und Bürger vor einer Infektion, als auch die Mitarbeitenden der Stadtverwaltung. Nutzen wollen die Grünen zudem die neue Möglichkeit der Gemeindeordnung, Gemeinderatssitzungen in Form von Videokonferenzen durchführen zu können. Die dafür erforderliche Änderung der Hauptsatzung haben sie beantragt.
Bei den ersten virtuellen Ortsverbandssitzungen traten bei einigen Teilnehmenden noch technischen Schwierigkeiten auf. Die konnten überwunden werden. Die Mitglieder beherrschen die neue Technik inzwischen bestens. Solange Präsenzsitzungen unmöglich sind wird der Ortsverband seine Onlinetreffen fortführen. Neumitglieder sind hierbei herzlich willkommen. Gleichwohl soll es auch wieder persönliche Begegnungen geben. Im August ist eine auch unter Corona-Bedingungen mögliche Waldbegehung mit einem Förster in Vorbereitung, um sich die vom Klimawandel verursachten Waldschäden anzusehen.